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Faire Politik

Politische Handlungsoptionen

Ein ambitioniertes europäisches Lieferkettengesetz ist notwendig

Es ist eine politische Aufgabe dafür zu sorgen, dass der Kaffeehandel insgesamt fairer gestaltet wird. Die Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes war ein erster wichtiger Schritt. Aber weitere Schritte müssen folgen, damit existenzsichernde Einkommen und Löhne und ein wirksamer Schutz von Menschenrechten in Kaffeelieferketten verwirklicht werden. Wir stellen verschiedene politische Handlungsoptionen vor. Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz ist notwendig, um Umwelt, Klima und Menschen umfassend zu schützen. Auch für den Schutz von Menschenrechten in Kaffeelieferketten ist ein EU-Lieferkettengesetz ein unverzichtbarer Schritt für einen wirksamen Menschenrechtsschutz und für die Verwirklichung von existenzsichernden Einkommen und Löhnen im Kaffeeanbau. Es bietet die Möglichkeit, Mängel des deutschen Lieferkettengesetzes nachzubessern. 

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Aktueller Prozess

Aktuell finden bezüglich des EU-Lieferkettengesetzes (offizieller Name: Corporate Sustainable Due Diligence Directive) finale Verhandlungen statt. Im sogenannten Trilog, also Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem Minister*innenrat und dem EU-Parlament, wird an einem Kompromiss zwischen den verschiedenen Vorschlägen der 3 Organe gearbeitet. Spätestens bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode soll das EU-Lieferkettengesetz verabschiedet werden. Danach hätten die einzelnen Staaten 2 Jahre Zeit, um es in nationales Recht umzusetzen. Anschließend müssen Unternehmen tätig werden und, abhängig von ihrer Größe, bis spätestens 5 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die Anforderungen umsetzen. 

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Bewertung der Vorschläge für ein EU-Lieferkettengesetz

Zwar gibt es in den aktuellen Vorschlägen Fortschritte zum deutschen Lieferkettengesetz: Positiv ist zum Beispiel, dass Unternehmen dazu verpflichtet werden sollen, im Rahmen ihrer Einkaufspraktiken einen Beitrag dafür zu leisten, dass existenzsichernde Einkommen und Löhne ermöglicht werden. Die Vorschläge der EU-Organe weisen dennoch Mängel auf. Auch der bisher vielversprechendste Vorschlag des Parlaments hat noch große Lücken. Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz darf jedoch weder Lücken noch Schlupflöcher aufweisen und muss daher in der finalen Verhandlungsphase entscheidende Sprünge nach vorne machen.

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Forderungen an die EU, die wir als Mitglied der Initiative Lieferkettengesetz stellen:

Eine risikobasierte Sorgfaltspflicht für die gesamte Wertschöpfungskette muss durchgesetzt werden. Diese soll nicht nur die Garantie von Menschenrechten, sondern auch umwelt- und klimabezogene Sorgfaltspflichten einschließen. Entsprechende Vorgaben müssen auch vollumfänglich für den Finanzsektor gelten. Zusätzlich sollten Unternehmen, die z.B. Mitglieder von Brancheninitiativen sind oder bestimmte Zertifizierungen nutzen, nicht von Ausnahmen profitieren.

Sämtliche Geschäftspartner*innen müssen berücksichtigt werden. Alle großen Unternehmen, die über mehr als 250 Mitarbeitende verfügen, müssen erfasst werden. Daneben auch kleine und mittelständische Unternehmen in ausgewiesenen Risikobereichen. Alle relevanten Stakeholder*innen müssen umfassend in die Umsetzung des Gesetzes und in den gesamten Sorgfaltsprozess miteinbezogen werden. 

Wirksame Mechanismen zur Durchsetzung des Gesetzes sind essenziell. Sowohl zivilrechtliche Haftung als auch Aufsicht, Kontrolle und entsprechende Sanktionen sind hier wichtig.
Betroffene von Menschenrechtsverletzungen müssen die Möglichkeit haben, auf europäischer Ebene erfolgreich auf Schadensersatz zu klagen und dürfen nicht schon an einer unfairen Verteilung der Beweislast scheitern.

Denn trotz positiver Ansätze bleiben bisherige Vorschläge weit hinter den Erwartungen und Hoffnungen zurück. Im Trilog muss daher umfassend nachgebessert werden, um den Forderungen gerecht werden zu können. Hier ist auch die Bundesregierung eine wichtige Verhandlungspartnerin. Deswegen sollten Bürger*innen sowohl an EU- als auch an deutsche Politiker*innen appellieren, ein wirksames EU-Lieferkettengesetz zu erarbeiten. 

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Faire Preise in Lieferketten gesetzlich sicherstellen

Unfaire Einkaufspraktiken und zu geringe Kaffeepreise sind eine zentrale Ursache für die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, die im Kaffeeanbau arbeiten. Fair Trade International hat ausgerechnet, welche Preise für den Kaffee in verschiedenen Anbauländern gezahlt werden müssten, um existenzsichernde Einkommen und Löhne zu ermöglichen – teilweise doppelt so viel wie real gezahlt wird. Aus Angst vor Wettbewerbsnachteilen sind Unternehmen jedoch nicht bereit, im Alleingang höhere Kaffeepreise zu zahlen, während die Konkurrenz sich weiterhin am Börsenpreis ausrichtet. Selbst der Faire Handel steht unter Druck - wenn der Preisunterschied zum restlichen Kaffeemarkt zu groß wird, besteht die Gefahr, dass die Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee einbricht.

Es braucht eine gesetzliche Regulierung, um das Zahlen fairer Preise sicherzustellen. Es darf nicht länger den Konsument*innen überlassen bleiben, ob sie Kaffee aus ausbeuterischen Handelsbeziehungen kaufen, nur um ein paar Euro zu sparen. Wir haben uns daher der Initiative Faire Preise in der Lieferkette angeschlossen, um gemeinsame Forderungen an die Politik zu richten. 

Die „Initiative Faire Preise in der Lieferkette“ stellt folgende Forderungen:

  • Es soll ein gesetzliches Verbot etabliert werden, dass einen Einkauf unterhalb der Produktionskosten entlang der gesamten Lieferkette verbietet. Die Berechnung der Produktionskosten muss existenzsichernde Einkommen und Löhne beinhalten.
  • Eine unabhängige und weisungsgebundenen Ombuds- und Preisbeobachtungsstelle soll eingerichtet werden, um faire Preise in der Lebensmittelkette zu berechnen und Meldungen von unfairen Preisen und Handelspraktiken zu überprüfen. 
    Zusätzlich soll die Zahlung unfairer Preise in allen Vertriebsschienen als unfaire Handelspraxis anerkannt und verboten werden. 
  • Wir fordern zudem, Unternehmen zu schriftlichen Verträgen als Grundlage jeder Lieferbeziehung zu verpflichten. Die Verträge sollen mindestens Preis, Menge und Zeitraum der zu liefernden Waren festhalten, damit auch Landwirt*innen ihre Leistungen abrechnen und in Rechnung stellen können.
  • Um soziale Gerechtigkeit gewährleisten zu können, ist es wichtig, dass die Grundsicherung und der Mindestlohn im Falle von höheren Lebensmittelpreisen angehoben werden. Zusätzlich soll die Gemeinschaftsverpflegung mit nachhaltigeren Lebensmitteln gefördert werden.
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Abschaffung der Kaffeesteuer auf fair gehandelten Kaffee

In Deutschland wird auf Kaffee eine Kaffeesteuer erhoben – 2,19 Euro pro Kilo für Röstkaffee und 4,78 Euro für löslichen Kaffee. Das betrifft sowohl konventionellen Kaffee als auch fair gehandelten Kaffee.  Seit einigen Jahren fordern in Deutschland verschiedene Akteur*innen, die Kaffeesteuer auf fair gehandelten Kaffee abzuschaffen. Die Abschaffung der Kaffeesteuer könnte die Wettbewerbsfähigkeit fair gehandelten Kaffees mit konventionell produziertem Kaffee erhöhen und damit zu einer höheren Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee führen. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft ist in einer Studie zu dem Schluss gekommen, dass damit der Absatz fair (bzw. nachhaltig) gehandelten Kaffees um fast 29% steigen könnte.
Im Laufe der letzten Jahre gab es einige Initiativen und Diskussionen zur Abschaffung der Kaffeesteuer auf fair gehandelten Kaffee. 15 000 Unterschriften für eine entsprechende Petition wurden im April 2018 an Entwicklungsminister Dr. Müller (CSU) überreicht. Im Anschluss daran unterstützten sowohl Müller als auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Forderungen öffentlich. Über das Thema wurde bereits im Bundestag debattiert und neben der SPD haben sich  auch die Grünen für die Abschaffung der Kaffeesteuer auf fair gehandelten Kaffee ausgesprochen. Doch bisher konnte die Forderung politisch nicht durchgesetzt werden.

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Bedenken und Alternativen zur Abschaffung der Kaffeesteuer 

Manche Akteur*innen, wie zum Beispiel die GEPA äußern Bedenken bezüglich der diskutierten Vorschläge zur Abschaffung der Kaffeesteuer. Sie weisen darauf hin, dass „fair“ kein geschützter Begriff ist und dass in der Diskussion um die Befreiung der Kaffeesteuer sowohl von fair gehandeltem Kaffee als auch von nachhaltig angebautem Kaffee die Rede ist. Unklar ist dabei, welche Kriterien für die Befreiung von der Kaffeesteuer zugrunde gelegt werden können. Zudem bestehen Bedenken, weil die Abschaffung der Kaffeesteuer nicht zwangsläufig zu geringeren Verbraucher*innenpreisen führen würde. Denn Unternehmen können nicht gezwungen werden, in Folge der Kaffeesteuer-Abschaffung die Preise zu senken. Weiterhin wird argumentiert, dass ein Hauptziel nicht geringere Verbraucher*innenpreise sein sollten, sondern verbesserte Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Kaffeeproduzent*innen.

Ein alternativer Vorschlag zur ersatzlosen Abschaffung der Kaffeesteuer ist, die Einnahmen aus der Kaffeesteuer umzuwidmen, um daraus einen Fonds für die Unterstützung von Kaffeeproduzent*innen zu finanzieren (z.B. zur Förderung von Weiterbildung und Infrastrukturentwicklung).

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Faire Handelsbeziehungen fördern

Es gibt gute Argumente dafür, die Kaffeesteuer unter bestimmten Voraussetzungen abzuschaffen, um die Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee zu unterstützen. Allerdings sollte das Hauptziel sein, wirklich faire Handelsbeziehungen zu fördern und dafür zu sorgen, dass die Menschen, die im Kaffeeanbau arbeiten, existenzsichernde Einkommen und Löhne erhalten. Viele Unternehmen werben mit „nachhaltigem Anbau“, ohne auf faire Handelsbeziehungen und faire Preise für die Erzeuger*innen zu sorgen. Die Befreiung von der Kaffeesteuer ist also nur zu befürworten, wenn die international anerkannten Kriterien des fairen Handels die Grundlage sind. Zusätzlich sollte für die Kaffesteuerbefreiung vorausgesetzt werden, dass Unternehmen beim Kaffee-Einkauf die Zahlung von Referenzpreisen für existenzsichernde Einkommen sicherstellen. Denn auch im fairen Handel müssten teilweise höhere Preise an die Produzent*innen gezahlt werden, um existenzsichernde Einkommen zu ermöglichen.

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Faire Unternehmen

Was wir von Unternehmen erwarten

Noch handeln viele Unternehmen in der Kaffeebranche nicht fair. Wir zeigen auf, was sich ändern muss, damit Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Verantwortung gerecht werden.

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Aktiv werden

Was Du tun kannst, damit Kaffee für alle fair ist

Jede*r kann einen kleinen Beitrag leisten für einen fairen Kaffeehandel – vom privaten Einkauf über die öffentliche Beschaffung bis hin zum politischen Engagement für faire Lieferketten.

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Fairer Einkauf

Fairer Kaffee für alle!

Bisher ist der Faire Kaffeehandel in Deutschland eine kleine Nische. Wir wollen, dass sich das ändert. Dafür sind alle gefragt, beim Einkauf fair gehandelten Kaffee zu wählen – Kommunen, Schulen, Unternehmen und natürlich jede*r einzelne.